Bank lagert Haftungsrisiken an freie Berater aus
Vielen Sparer klagen über hohe Verluste, nachdem sie ihr Geld der „Postbank“ anvertrauten. Dass die zuständigen Berater dabei meist freie Berater und nicht Angestellte der Postbank beziehungsweise Postbank Finanzberatung, einer Tochter der Postbank, waren, ist den Betroffenen bei Abschluss ihrer Anlage nicht bewusst gewesen. Helge Petersen, Fachanwalt- für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Kiel vertritt rund 400 Mandanten, die zwischen 2006 und 2011 von der Postbank Finanzberatung „von guten zu schlechten Anlagen beraten wurden“. Viele davon erlitten einen Totalverlust: ‚Teilweise wurde das Geld sogar von anderen Banken, etwa von Sparbüchern bei Sparkassen, geholt, die bekannten blauen Postbanksparbücher aufgelöst und komplett in die neuen Anlagen verschoben, auf die jetzt kein Zugriff mehr besteht. Die Laufzeiten liegen im Durchschnitt bei 20 Jahren oder auch deutlich darüber, da es sich um Gesellschaftsanteile, verpackt als sichere Anlagen, handelt“, so Petersen. „Anleger erkennen den Schaden nicht, da nur Spezialisten wissen, wo sie die echten Kurse nachsehen können. Diese liegen fast immer bei 5 bis 15 Prozent. Der Anleger merkt es zu spät und dann könnte der Anspruch schon verjährt sein. Er muss also handeln, sonst ist das Geld verloren.“
Bislang weist die Postbank Haftungsansprüche zum Teil zurück und verweist auf die freien Berater. Den Kunden war jedoch meist gar nicht bewusst, dass die Berater nicht festangestellt bei der Postbank tätig sind und wurden darüber auch nicht aufgeklärt. „Deshalb beobachten wir genau, was die Hypovereinsbank mit Ihrem neuen Konzept jetzt macht.“, äußert sich Petersen. Dort soll durch das Logo ‚Finanzpartner der HypoVereinsbank eine Abgrenzung zu normalen Filialen deutlich zu erkennen sein. Außerdem arbeiten die selbständigen Handelsvertreter auf Rechnung der Hypovereinsbank und die fachspezifische Beratung wie bei Wertpapieren wird von per Video zugeschalteten HVB-Experten durchgeführt.
Wird jedoch eine freie Tätigkeit nicht klar kommuniziert, muss nach Ansicht von Petersen die Bank haften.
Die Falschberatung bestand bei der Postbank darin, dass die Anleger nicht über die Risiken der Anlagen aufgeklärt worden sind. Hätten die Postbank-Kunden gewusst, dass Geld in Gesellschaften verschoben wird, die auf unabsehbare Dauer geführt werden und bei denen sie nur das Haftkapital stellen, hätten sie diese Entscheidung wahrscheinlich nicht getroffen. „Sie verkaufen ihr abbezahltes Haus, lösen ihr Sparbuch auf und investieren das Kapital in eine Anlage mit langer Laufzeit und möglichem Totalverlust, ohne Sicherheiten und keiner direkten Zugriffsmöglichkeit. So lässt sich das Prinzip erklären und es leuchtet ein, dass dies kein gutes Geschäft ist“, erläutert Petersen das Prinzip. Hinzu kommen noch bis zu 18 Prozent Provision und die üblichen 5 Prozent Agio – die Anleger zahlen also häufig die gesamten weichen Kosten, wie etwa für Vertrieb und Marketing, für das Projekt. „Die Anleger verstehen nicht, dass sie im Grunde an dem eigentlichen Objekt nicht beteiligt beziehungsweise abgesichert sind.“
Ähnlich wie die Postbank, praktizierte dieses Vorgehen jahrelang erfolgreich der AWD und gewann viele Klagen damit. Die Kick-Back-Entscheidung des BGH (AZ III ZR 196/09) zum AWD bestätigt den Banken ihr Tun: Demnach müssen freie Berater ihre Provisionen nicht offenlegen, es sei denn diese liegen über 18 Prozent. „Entscheidend ist, dass die freien Berater ihre freie Tätigkeit offenlegen und sich nicht hinter der Design-Fassade eines Bankkonzerns verstecken“, sagt Petersen.
Neue Prozesstaktik
Es wird systematisch gemäß der Rechtsprechung eine Konstruktion gegen den Bankkunden gebaut. Anleger mit Schadensersatzansprüchen gehen dann leer aus. „Wir arbeiten bei den durch uns eingereichten Klagen die Prozesstechnik neu auf, sodass die „Postbank“ vor Gericht wenig Chancen hat“, so Petersen. „Es geht darum, vom Beratungsgespräch abzukommen und klar nachzuweisen, dass anlagenschädigende Produkte extra produziert werden, um sie dann über freie Mitarbeiter in den Markt zu drücken“, so Petersen. Wurde ein Produkt angepriesen, welches den Anleger finanziell deutlich schlechter stellt oder von der Konzeption her nicht funktionieren kann, liegen die Chancen weiterhin sehr gut für die geschädigten Mandanten. Die hohen erfolgreich durchgesetzten Schadensersatzsummen geben ihm Recht. Deswegen bestehen für seine Mandanten aktuell direkte Verhandlungen mit dem Vorstand. Die ausgelagerten Gesellschaften wie etwa die Postbank Finanzberatungs AG sind auch nicht an einen Ombudsmann angebunden. „Wenn die Bank ehrlich berät, gibt es für sie
überhaupt keinen Grund, so eine „Enthaftungskonstruktion“ aufzubauen“, sagt Petersen. „Meine These vom modernen System der Banken, die Risiken und Verluste auslagern sowie schlechte Anlageprodukte mit hohen Provisionen an die eigenen Kunden vertreiben, sehe ich hier leider erneut bestätigt. Wir setzen weiter alles daran, den verprellten Anlegern zu ihrem Recht zu verhelfen. Wie bei den erfolgreichen Commerzbank PMIA-Fällen heißt es weiter, Kämpfen lohnt sich.“